Andacht zu Gründonnerstag

Der Kelch des Segens, den wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das
Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? Denn ein Brot ist's. So
sind wir, die vielen, ein Leib, weil wir alle an einem Brot teilhaben. (1. Kor.10,16f)

 In den letzten Tagen habe ich immer wieder einmal Menschen gefragt, was für sie am
eindrücklichsten an dieser Corona-Krise ist. Viele antworteten, dass ihnen die Gemeinschaft
mit anderen Menschen fehlen würde; das Miteinander-Sein und Miteinander-Reden, wie sie
es sonst auf der Straße oder im Café, in Gruppen und Kreisen pflegten. Wenn ich an die
Proben unseres Posaunenchors oder des Sängerbundes denke, an die geselligen Runden des
Frauen- und Männerkreis – das dort erlebte Gemeinschaftsgefühl fehlt jetzt, überhaupt die
Möglichkeit, einander etwas mitzuteilen, das zu teilen, was einen gerade beschäftigt. Sicher,
das Telefon und andere Kommunikationsmittel helfen uns, weiter miteinander im Gespräch
zu bleiben, aber das Erleben der Zusammengehörigkeit können sie nicht ersetzen.


Auch beim Abendmahl, an das wir Christen an Gründonnerstag besonders erinnern, spielt die
Gemeinschaft eine große Rolle. Dass wir das Abendmahl „empfangen“, deutet darauf hin. Es
gehört mindestens eine weitere Person dazu, die mir Hostie/Brot und Kelch/Wein reicht.
Vielen Gläubigen ist es wichtig, dass sie Abendmahl in Gemeinschaft mit anderen feiern. Und
sich so mit Jesus Christus und den anwesenden Schwestern und Brüdern im Glauben
verbunden wissen und erleben können. Das Wort des Paulus vom Kelch des Segens und dem
Brot, das wir brechen verstehe ich so, dass diese Gemeinschaft auch jene einschließt, die
gerade jetzt nicht anwesend sein können.


Momentan erleben es viele, dass sie nicht mit den Menschen zusammenkommen können,
die sie liebhaben, die ihnen nahestehen. Enkel vermissen ihre Großeltern und umgekehrt.
Kinder halten sich mit Besuchen bei ihren Eltern zurück, Feste wie Taufe und auch die Konfirmation
werden verschoben, bei denen sich die Großfamilie getroffen hätte.

Als Gemeinde leiden wir nicht nur darunter, dass die Gottesdienste in unserer Kirche ausfallen.
Dafür gibt es Ersatz in Funk und Fernsehen. Viel mehr schmerzt es, dass wir das Abendmahl
als Fest der Gemeinschaft untereinander derzeit nicht wie gewohnt feiern können. Einer
Abendmahlsfeier im Fernsehen zuzuschauen ist eben nicht das gleiche wie persönlich daran
teilzunehmen, mit den Händen zu greifen und mit dem Mund schmecken zu können, was
gereicht wird. Doch was hindert uns, allein oder in der Hausgemeinschaft, ein Stück Brot auf
den Tisch zu legen, ein Glas Wein oder Traubensaft daneben zu stellen, in der Bibel die Ein-
setzungsworte zum Abendmahl zu lesen (zB siehe Rückseite: 1. Korinther 10, 23-25), ein
Vaterunser zu sprechen, und dann, im Vertrauen auf die Verheißung unseres Herrn Jesus
Christus, zu essen und zu trinken, und dem nachzuspüren, was Paulus schreibt:

Der Kelch des Segens, den wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi?
Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? Denn ein Brot ist's.
So sind wir, die vielen, ein Leib, weil wir alle an einem Brot teilhaben.

Vielleicht probieren Sie es einfach einmal aus. Sicher, das ersetzt nicht die Abendmahlsfeier
in der Kirche. Aber besondere Situationen bedürfen eben manchmal ein ungewöhnliches
Handeln. Sie werden spüren, dass es dabei nicht einfach nur um Essen und Trinken geht.
Vielleicht erzählen Sie einmal, wie es Ihnen damit ergangen ist.
Bleiben Sie behütet! In herzlicher Verbundenheit grüßt Sie Pfarrer Friedrich Müller

 

Die Einsetzungsworte bei Paulus im 1. Korintherbrief, 10,23-25
Der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot,
dankte und brach's und sprach: Das ist mein Leib für euch; das tut zu
meinem Gedächtnis. Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Mahl
und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut; das tut, sooft
ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis.

Das sollt ihr, Jesu Jünger, nie vergessen
1) Das sollt ihr, Jesu Jünger, nie vergessen: wir sind, die wir von einem
Brote essen, aus einem Kelche trinken, alle Brüder und Jesu Glieder.
2) Wenn wir wie Brüder bei einander wohnten, Gebeugte stärkten und
die Schwachen schonten, dann würden wir den letzten heilgen Willen des
Herrn erfüllen.
3) Ach dazu müsse seine Lieb uns dringen! Du wollest, Herr, dies große
Werk vollbringen, dass unter einem Hirten eine Herde aus allen werde.

Gebet
Herr Jesus Christus, auch wenn wir zurzeit das Heilige Abendmahl nicht
so feiern können, wie wir es gewohnt sind: um deinen Tisch schließt sich
doch der Kreis aller, die deinen Namen tragen und zu dir gehören. Du hast
alle eingeladen. Keiner soll fehlen. Alle sollen an dir teilhaben. Amen.