Lätare - freuet euch

So heißt der Sonntag, der mitten in der Passionszeit liegt. „Klein-Ostern“ wird er manchmal genannt.

Der Lätare-Strauß, der heute vorne auf dem Altar steht, will etwas von dieser Freude zeigen. Die Knospen und Blüten an den dreierlei Zweigen verweisen auf das neue Leben, das mit Ostern auf uns zukommt.

Das hellviolette Band neben den zwei dunkelvioletten zeugt von der Auferstehungshoffnung, die von Ostern her schon jetzt in die Zeit des Leidens und der Trauer hineinreicht. Das Weiß von Ostern hat sich unter das Violett gemischt.

Und schließlich die drei Brezeln, die mit ihrer Form an zum Gebet verschränkte Arme erinnern und den Durchblick auf Ostern freigeben.

Noch drei Wochen sind es bis Ostern. Der ganze Strauß gibt diese Botschaft weiter: Freut euch! Seid fröhlich! Ostern, das Fest der Auferstehung und der Freude ist nicht mehr weit.

Doch haben wir an diesem Sonntag Grund zur Freude?

Mitten in der Passionszeit sind unsere Gedanken doch an ganz anderer Stelle. Wir erinnern uns an das Leiden Jesu und wissen: Sein Weg führt nach Jerusalem ans Kreuz, in den Tod.

Besonders denken wir in dieser Zeit an das Leid in der Welt, an Menschen in Not und auch an unser ganz persönliches Leiden.

Und gerade in diesen Tagen sind wir voller Mitgefühl für diejenigen, die vom Coronavirus betroffen sind, leiden unter den Einschränkungen, die uns dadurch auferlegt sind.

Wie können wir uns da freuen und fröhlich sein, wenn uns gar nicht Freude zumute ist?

Der Predigttext aus dem Buch des Profeten Jesaja macht es deutlich:

Unser Gott will nicht, dass das Leiden das letzte Wort hat. Inmitten des größten Leids ist er uns nahe. Trotz der Dunkelheit in uns, um uns herum und in unserer Welt umfängt er uns mit seiner Liebe und Treue.

So steht es bei Jesaja 66,10-14:

Freut euch mit Jerusalem und seid fröhlich über die Stadt, alle, die ihr sie lieb habt! Freuet euch mit ihr, alle, die ihr über sie traurig gewesen seid. … Denn so spricht der HERR: Siehe, ich breite aus bei ihr den Frieden wie einen Strom … wie einen überströmenden Bach. … auf dem Arm wird man euch tragen und auf den Knien euch liebkosen.

Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet; ja, ihr sollt … getröstet werden. Ihr werdet’s sehen und euer Herz wird sich freuen …

Dann wird man erkennen die Hand des HERRN an seinen Knechten …

Das Bild von der tröstenden Mutter ist ein starkes Bild. Es tut einfach gut, wenn eine Mutter ihr weinendes Kind tröstend in den Arm nimmt.

Es ist aber auch ein wunderbares Bild für Gott, das tief berührt.

Denn darin unterscheidet sich Gott von allen Heilsversprechern dieser Welt. Er nimmt unser Leiden wahr. Er wischt es nicht einfach weg. Sein Trost für uns heißt: Auch im Leiden seid ihr nie allein.

Ja, unser Leben ist voll mit Freude – über das schöne Wetter, über den sich ankündigenden Frühling, über die Menschen, die uns lieben, über all das Gute, das wir zum Leben haben, und über vieles andere. Aber manchmal ist da auch Leid. Oft sind wir voller Hoffnung, aber manchmal auch voller Verzweiflung. Schwierige Momente, in denen einem zum Weinen ist, gibt es in jedem Leben. In der Schule, im Beruf, in Ehe und Freundschaft, in der Familie und angesichts der großen Nöte unsere Welt. Aber gerade dann verlässt Gott uns nicht.

In der Passionszeit denken wir an den Weg Jesu ans Kreuz und durch den Tod. Nicht, weil wir das Leiden lieben, sondern damit wir das Leid und den Tod nicht vergessen. Damit wir die Menschen im Leid und im Sterben nicht übersehen. Dabei geht es uns nicht gut, aber darum geht es: So wie Jesus dem Leiden auswich, so wenig können wir als Christinnen und Christen wegschauen. Aber wer sich getragen weiß von Gottes Mitfühlen, der will diesen Trost und diese Liebe weitergeben. Wer selbst getröstet ist, kann andere trösten. Deshalb feiern wir mitten in der Passionszeit das kleine Ostern, den Sonntag Lätare.

Wir wissen heute nicht, wie es mit der Corona-Panepidemie weitergeht. Nach Aussagen der Wissenschaftler stehen wir noch ganz am Anfang. Ungewisse Wochen und Monate kommen auf uns zu. Momentan leiden wir unter den kleinen Einschränkungen unseres Alltags. Aber wir fragen auch weiter: Inwiefern werden wir, unsere Familie, unsere Nachbarn, unsere Stadt persönlich betroffen sein? Wird im Notfall die erforderliche Versorgung zur Verfügung stehen? Werden es die Ärzte und Pflegekräfte schaffen, allen angemessen zu helfen? Und wie gehen wir damit um, wenn sich dieser Zustand noch Wochen und Monate hinzieht? Wenn uns die Krankheit jederzeit wieder einholen kann?

Angesichts der rasch ansteigenden Zahl der Betroffenen und der gravie-renden Auswirkungen auf Kranke, Schwache und alte Menschen, kann man durchaus Angst bekommen und kleingläubig werden.

Die Botschaft des heutigen Sonntags will uns Mut zusprechen: Freut euch, auch wenn scheinbar alles gegen euch und eure Freude spricht.

Wir dürfen traurig sein, wenn es weh tut. Aber wir können uns auch in den schweren Lebensmomenten auf Gottes Nähe verlassen. Denn gerade dann sind wir nicht allein. Jesus Christus hat selbst das Leiden, die Verzweiflung und den Tod nicht gescheut, um nahe bei uns zu sein.

Nur so können wir die Spannung zwischen der Freude am Leben und dem Teilen von Leid aushalten. Nicht der Schmerz und die Trauer soll klein-geredet werden, sondern der Blick auf die Hoffnung gerichtet werden, die uns mit Ostern zugesagt ist.